Wird WhatsApp die neue Email?
Schon seit vielen Jahren wird dem Email-Marketing das baldige Ende vorhergesagt. Neue Technologien würden Emails als Werbeträger überflüssig machen. Bislang hat sich der Methusalem unter den Online-Marketing-Werkzeugen gegen die Konkurrenz immer behaupten können, doch jetzt bläst ein Schwergewicht zum Angriff auf die elektronische Werbepost: WhatsApp. Hat der Messenger-Dienst tatsächlich das Zeug, zur neuen Email zu werden? Gastautor trusted geht der Sache nach
WhatsApp fasst Fuß im Business-Bereich
Mit der SMS hat WhatsApp in den vergangenen Jahren schon einen Telekommunikationsdienst quasi überflüssig gemacht. Dass es dabei nicht bleiben soll, verriet WhatsApp-Gründer Jan Koum schon im Jahr 2016, als er ankündigte, den Messenger-Dienst auch im Business-Bereich etablieren und die Kommunikation mit den Kunden revolutionieren zu wollen.
Seit Anfang 2018 ist aus der Ankündigung von damals mit WhatsApp Business Realität geworden. Mit dem kostenlosen Tool lässt sich ein Business-Account für WhatsApp anlegen, mit denen Unternehmen über den Messenger-Dienst mit ihren Kunden kommunizieren können. Eine ausführliche Vorstellung des Tools finden Sie in dieser Review bei Trusted.de. Tatsächlich nutzen auch in Deutschland schon einige Firmen den Messenger-Dienst, um mit ihren Kunden zu kommunizieren. So haben Kunden von Outfittery die Möglichkeit,
Modeexperten per WhatsApp um Rat zu fragen – und das an sieben Tagen die Woche. Airlines nutzen den Dienst, um ihre Kunden zeitnah über ihren Flugstatus zu informieren. Nur zwei Beispiele, wie WhatsApp Marketing in der Praxis angewandt werden kann.
Wo hat WhatsApp die Nase vorn?
Im Vergleich WhatsApp vs. Mail hat der Messenger-Dienst tatsächlich einige Vorteile:
● Nachrichten landen nicht im Spam-Ordner, sondern werden garantiert gelesen.
● Die Aufmerksamkeit ist beim Lesen von WhatsApp-Nachrichten viel höher als beim Stöbern durch das Email-Postfach, wo viele Mails gar nicht erst geöffnet werden.
● WhatsApp ist viel schneller als eine Email. So wird ein Großteil der Nachrichten von den Empfängern sofort auf ihrem Smartphone gelesen, während Emails oft erst Stunden später abgerufen werden.
● WhatsApp ist interaktiv. Die Chat-Funktion sorgt für direkte Gespräche zwischen Unternehmen und Nutzern. Bei Emails hingegen ist der Response meist auf das Klicken auf einen Link beschränkt.
● 40 Millionen Deutsche nutzen WhatsApp. Damit ist die Reichweite des Messenger-Dienstes riesig.
Was spricht für klassisches Email-Marketing?
Hat also WhatsApp die Nase im Vergleich zur Email vorn und schickt sich tatsächlich an, die Mail als klassischen Kommunikationskanal abzulösen? So vorschnell sollte man die Email nicht abschreiben, denn auch sie weist jede Menge Vorzüge auf:
● 84 Prozent aller Deutschen schreiben und empfangen regelmäßig Emails. Damit ist die Reichweite beim Email-Marketing deutlich größer als beim WhatsApp Marketing.
● WhatsApp-Nachrichten werden fast ausschließlich auf Smartphones gelesen. Emails hingegen werden auch auf PCs abgerufen. Und darauf wird nach wie vor bevorzugt online eingekauft.
● Email-Marketing-Tools bieten Unternehmen weitreichende Werbe- und Analyse-Möglichkeiten. So können Emails anhand von Käuferdaten problemlos personalisiert und auf Nutzerverhalten abgestimmt werden. Anschließend helfen ausführliche Reports dabei, die Kampagnen zu analysieren und künftig weiter zu verfeinern. Vergleichbare Marketing-Tools sucht man bei WhatsApp bislang noch vergeblich.
● Email-Marketing ist skalierbar. So macht es keinen Unterschied, ob Sie Nachrichten an 1.000 oder 100.000 Empfänger verschicken. Theoretisch ist das natürlich auch bei WhatsApp denkbar. Allerdings müssten Sie hier mit jeder Menge persönlicher Antworten rechnen, für die Personal abgestellt werden muss.
WhatsApp ist (noch) keine Konkurrenz für die Email
Letztendlich gibt es keine Anzeichen dafür, dass WhatsApp-Marketing das Email-Marketing in absehbarer Zeit ersetzen könnte. Und für diese These gibt es handfeste Argumente: Wenn Unternehmen tatsächlich der Meinung sein sollten, Email-Marketing durch WhatsApp-Marketing ersetzen zu wollen, bräuchten sie, wenn sie keine Reichweite verlieren wollen, von jedem ihrer Newsletter-Empfänger die Handynummer. Es ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich, dass die Mehrzahl der Internetnutzer Firmen bereitwillig ihre Handynummer überlässt. Bei Email-Adressen ist das anders. Die Barrieren für das Email-Marketing sind deutlich geringer, weil weniger privat. Immerhin wird WhatsApp aktuell beinahe ausschließlich für die Kommunikation mit Freunden und Verwandten genutzt – die Email dagegen hat sich als “anonymerer” Kommunikationskanal für Business und Online-Shopping etabliert.
WhatsApp wird anders genutzt als Email
Und noch ein weiterer Punkt unterscheidet die Email von einer WhatsApp-Nachricht. Beim Email-Marketing ist die Kommunikation in der Regel eindimensional. Ein Beispiel: Ein Unternehmen stellt in einem Newsletter neue Produkte oder Angebote vor und verweist auf weiterführende Links, die den Nutzer in der Regel auf die Webseite oder in den Online-Shop führen. Die Reaktion des Kunden beschränkt sich also darauf, auf Links zu klicken.
WhatsApp jedoch wird völlig anders genutzt. Hier reagieren Nutzer potentiell mit Folgefragen und erwarten darauf eine schnelle, persönliche Antwort. Das ist beim Kontakt per Mail nicht so: Hier wird eine Reaktionszeit von 24 Stunden und länger von den meisten Nutzern als Standard akzeptiert. Zudem werden viele User den WhatsApp-Kanal auch nutzen, um Beschwerden oder Fragen loszuwerden. WhatsApp ist damit eher vergleichbar mit der Facebook-Seite eines Unternehmens, als mit der klassischen Mail. Daher ist WhatsApp auch eher für die Leadgenerierung per Chatbot geeignet – ähnlich wie eben der Facebook-Messenger – während die Email für Newsletter und klassisches Marketing immer noch besser funktioniert. Ein weiterer Unterschied ist die Darstellbarkeit von Inhalten. HTML-Mails bieten die Möglichkeit, verschiedene Inhalte optisch ansprechend zu präsentieren. WhatsApp hingegen bietet primär die Möglichkeit, Textnachrichten zu verschicken. Zwar lassen sich auch Links einbauen, Fotos, Videos und Audiodateien verschicken, doch die Präsentationsmöglichkeiten sind trotzdem nicht annähernd mit einer professionellen Email im HTML-Format zu vergleichen.
Fazit: WhatsApp ist eine Ergänzung, keine Alternative
Die Email kann der Kampfansage von WhatsApp-Gründer Jan Koum gelassen entgegensehen. Es ist nicht abzusehen, dass der Messenger-Dienst der Email den Rang ablaufen könnte. Dafür ist das Nutzungsverhalten bei beiden Diensten einfach zu unterschiedlich. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass Unternehmen dem Thema WhatsApp Marketing die kalte Schulter zeigen sollten. Im Gegenteil! Dank der App WhatsApp Business lässt sich der Messenger prima für die direkte Interaktion mit Kunden nutzen. Allerdings gilt hier genauso wie bei Facebook: Wer die sozialen Medien wirklich für sich nutzen will, muss dort nicht nur regelmäßig aktiv sein, sondern auch auf Nachrichten von Nutzern schnell und professionell reagieren. Die entsprechende Manpower sollte im Unternehmen also unbedingt vorhanden sein.
Über trusted:
trusted ist ein führendes Vergleichsportal für B2B-Software und Business-Tools. In über 250 Kategorien hat das Team aus Redakteuren und Branchenexperten bereits Tools getestet und verglichen. Unter anderem stehen auch Email-Marketing-Tools wie Mailify auf der Liste.
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